„Geordnete Verhältnisse“ von Lana Lux |
Wenn man seine Heimat verlassen muss, kommt es immer darauf an, wo man landet und welche Leute man kennen lernt. Faina landet in einer deutschen Kleinstadt und lernt in der Schule Philipp kennen, einen Jungen mit Wutausbrüchen, der Pflanzen lieber mag als Menschen, sich aber sehnlichst einen Freund wünscht. Faina soll dieser Freund werden, also bringt er ihr Deutsch bei, und wie man Weihnachten richtig feiert. Er macht sie zu seiner Faina. Jahre später ist Philipp der Typ mit Eigentumswohnung und fester Freundin, und Faina steht als verlassene, verschuldete Schwangere vor seiner Tür. Er lässt sie hinein, doch zu welchem Preis? „Geordnete Verhältnisse“ ist eine Geschichte über Wut und Obsession – und eine Frau, die sich weigert, zum Besitztum eines Mannes zu werden.
Eine Geschichte, die unter die Haut geht. Eine Geschichte mit Sogwirkung, die ich nicht mehr aus der Hand legen wollte. Als Faina und Philipp sich als Kinder kennen lernten, waren beide Außenseiter, gaben sich gegenseitig Halt. Doch dann entwickelten sie sich in verschiedene Richtungen weiter, trennten sich, kommen jetzt wieder zusammen. Der Beginn einer toxischen Beziehung.
Das Buch ist in 3 Teile unterteilt. Erst erzählt Philipp, dann Faina, im dritten Teil beide und es gibt auch Kapitel, die erzählt werden. Der Autorin gelingt es wunderbar, in den Ich-Erzählungen die Persönlichkeiten der beiden zum Ausdruck zu bringen. Sie entlockt mir viele Emotionen. Mitleid, Unverständnis, Faszination, Traurigkeit, Entsetzen. Ich möchte eingreifen, Fragen stellen, warnen.
Am Ende bin ich nachdenklich, betroffen. Denn es gibt diese Fainas und Philipps “in Echt”. Vielleicht gar nicht mal so weit von uns entfernt….
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.
Claudias.Buecherwelt
|
„Die Glückstöchter – Einfach lieben“ von Stephanie Schuster
|
Anna und Eva, verbunden durch ihr tiefes Verständnis der Natur
In den bayerischen Alpen 1911: Auf einer abgeschiedenen Alm, umgeben von grünen Weiden und wild wachsendenPflanzen, ist Anna auf sich allein gestellt. Mit ihrem botanischen Wissen und ihrer Töpferkunst versucht sie sich ein neues Leben aufzubauen. Allerdings ist sie den Widrigkeiten der Natur ausgeliefert …
München, Ende der bunten 1970er Jahre: Eva führt ein unkonventionelles Leben in einer grünen WG. Sie und ihre Freunde planen etwas Besonderes: Sie wollen einen der ersten Bioläden eröffnen. Doch die Frage nach ihrer wahren Herkunft beschäftigt Eva weiterhin, und dann wird ihr Leben gleich mehrfach auf den Kopf gestellt …
Durch ihre angenehme Art zu schreiben hat Stephanie Schuster mich direkt wieder mitgenommen. Sowohl auf die Alm, als auch nach München. Schnell war ich „wieder drin“ und erinnerte mich an die Geschehnisse von Band 1. Bei Anna steht das Überleben auf der Alm mit all seinen Facetten im Vordergrund. Leben von und mit der Natur. Dabei beschreibt die Autorin das Setting sehr gut, so dass ich mir ein wunderbares Bild machen könnte. Zauberhaft auch die kleinen Illustrationen von der Autorin. Faszinierend fand ich auch die Beschreibung der Pflanzen, ihre Wirkung und wie Anna alles daran setzte, Beete anzulegen. Was sie alles beachten musste und nicht aufgab.
Durch besondere Umstände wird Evas Leben auf den Kopf gestellt, die Suche nach ihrer biologischen Familie gerät dadurch ins Hintertreffen. Allerdings erfährt man so einiges über die Bio-Bewegung, die damals noch in den Anfängen steckte. Auch die AKWs, die Politik, die Verarbeitung des 2. Weltkrieges sind Themen, dies aber nur am Rande. Es vervollständigt jedoch das Gesamtbild vom Ende der 70er.
Beide Frauen sind im Laufe des zweiten Bandes an ihren Erfahrungen gewachsen. Anna vielleicht etwas mehr, wobei ihr Leben aber auch mehr im Zeitraffer war als das von Eva. Ihre Entwicklung also auch komprimierter dargestellt wurde. Abschließend kann ich sagen, dass mir der zweite Band noch besser gefiel als der Erste. Auch wenn mich zwei Dinge etwas ratlos zurück ließen und ich über einige andere gerne mehr erfahren hätte. Über einen dritten Band mit Aufklärung meiner offenen Fragen und auch über das Leben von Helene würde ich mich tatsächlich freuen. Dennoch habe ich mich wieder gut unterhalten gefühlt. Von mir gibt’s eine Leseempfehlung für alle, die auch den ersten Band gelesen haben. Ansonsten gilt: beide Bände lesen.
Claudias.Buecherwelt |
„Vergissmeinnicht – Was bisher verloren war“ von Kerstin Gier
Band 2 der Trilogie
|
Mit Feen abzuhängen, durch Portale in eine Parallelwelt zu spazieren und Superkräfte zu besitzen, daran hat Quinn sich mittlerweile gewöhnt. Blöd nur, dass ihn jedes Geheimnis, das er aufdeckt, vor neue Rätsel stellt. Ohne Matilda und ihre ganz spezielle Art, den Dingen auf den Grund zu gehen, wäre er völlig aufgeschmissen. Dass er sie doch eigentlich vor den Gefahren des Saums beschützen wollte, hindert Matilda nicht daran, sich kopfüber ins Abenteuer zu stürzen. Denn die beiden müssen dringend ein paar Fragen klären: Steckt eine Geheimgesellschaft hinter dem Tod von Quinns Vater? Wie bändigt man eine Sphinx– und erst die intrigante neue Mitschülerin? Und kann man überhaupt verliebt sein, wenn man ständig in Lebensgefahr gerät?
Mit dem phantasievollen Cover auf dem es so vieles zu entdecken gibt und dem roten Farbschnitt ist die erste Auflage schon rein optisch wieder ein Hingucker. Obwohl ich Band 1 vor fast 2 Jahren gelesen habe, war ich sofort wieder in der Welt von Matilda und Quinn. Damals hat Quinn sich von Matilda getrennt um sie zu schützen. Natürlich kommen die beiden jetzt wieder zusammen. Und die Story nimmt Fahrt auf. Die neue Mitschülerin entpuppt sich als Jeanne d’Arc! Ist sie Freund oder Feind? Und was ist mit dem Wasserspeier und Torwächter Bax? Ist er Matilda freundlich gesinnt oder nutzt er sie aus? Nicht nur der Kontakt mit der Geheimgesellschaft eröffnet einen neuen Weg in den Saum. Doch wer erschuf das Portal und sicherte es? Fragen, Antworten, neue Fragen. Und nicht nur die Begegnung mit einer Sphinx kann einen das Leben kosten…
Wieder einmal beste Unterhaltung und jetzt leider wieder warten bis zum dritten und letzten Teil der Trilogie.
Claudias.Buecherwelt
|
„ATLAS – Die Geschichte von Pa Salt“ von Lucinda Riley und Harry Whittaker
|
Paris, 1928. Ein Junge wird gerade noch rechtzeitig entdeckt, bevor er stirbt, und von einer Familie aufgenommen. Er ist klug und liebenswert, und er entfaltet seine Talente in dem neuen Zuhause. Hier wird ihm ein Leben ermöglicht. Doch er weigert sich, einen Hinweis darauf zu geben, wer er wirklich ist. Als er zu einem jungen Mann heranwächst, verliebt er sich und besucht das berühmte Pariser Konservatorium. Die Schrecken seiner Vergangenheit kann er darüber beinahe vergessen, ebenso wie das Versprechen, das er einst geschworen hat, einzulösen. Aber Unheil ballt sich zusammen über Europa, und niemand ist mehr in Sicherheit. – Ägäis, 2008. Alle sieben Schwestern sind an Bord der »Titan« zusammengekommen, um sich von ihrem geliebten Vater, der ihnen stets ein Rätsel blieb, zu verabschieden. Zur Überraschung aller ist es die verschwundene Schwester, die von Pa Salt damit betraut wurde, ihnen die Spur in ihre Vergangenheit aufzuzeigen. Aber für jede Wahrheit, die enthüllt wird, taucht eine neue Frage auf, und die Schwestern müssen erkennen, dass sie ihren Vater kaum gekannt haben. Noch schockierender aber ist, dass diese lang begrabenen Geheimnisse noch immer Auswirkungen auf ihrer aller Leben haben.
Die Auflösung aus 7 Bänden war nicht nur eine Reise durch das Leben von Atlas. Immer wieder wurden Situationen beschrieben, die man aus den Rückblicken der vorherigen Bände erkannte. Sehr gerne hätte ich parallel die Situationen im dazu gehörigen Buch gelesen. Es ist ein Wiederlesen mit vielen bekannten Figuren und Erlebnissen. Sozusagen der Blick hinter die Kulissen. Wie es dazu kam, dass Pa Salt den verschiedenen Mädchen eine Heimat gab. Vermutungen, Ahnungen, Verdächtigungen wurden zu Gewissheit. Da ich denen, die das Buch noch nicht gelesen haben nicht die Vorfreude nehmen will, belasse ich es dabei: Wer die Bücher um die Schwestern kennt und liebt, wird mit der Auflösung sicher zufrieden sein. Ich bin es.
Claudias.Buecherwelt
|
„Böses Licht“ von Ursula Poznanski |
Mord im Burgtheater!
Im zweiten Wien-Krimi steht Ermittlerin Fina Plank unfreiwillig auf der ganz großen Bühne. Die Inszenierung von Shakespeares Richard III am Wiener Burgtheater trieft förmlich von Theaterblut, daher fällt kaum jemandem aus dem Publikum die echte Leiche auf der Bühne auf: Ulrich Schreiber, altgedienter Garderobier, wird tot auf einem Thron sitzend von der Unterbühne ins Rampenlicht gefahren. Die Tat löst Entsetzen und Ratlosigkeit gleichermaßen aus: Schreiber war allseits beliebt, ein unauffälliger Mann ohne Feinde. Anders als das nächste Opfer, das weitaus bekannter ist … Doch gleich darauf heißt es Aufbruch nach Salzburg, wo das Ensemble be i den Festspielen gastiert. Unnötig zu sagen, dass auch die junge Wiener Kommissarin Fina Plank die Reise nach Salzburg antreten muss. Verstörende Drohungen, hysterische KünstlerInnen und ein unliebsamer Kollege machen ihr zu schaffen – vor allem aber der Gedanke, dass der Fall mit der Festnahme des Mörders nicht gelöst sein wird …
Wie gewohnt war ich „direkt drin“, überlegte beim Verhör der Schauspieler wer für einen ersten Verdacht infrage käme. Im weiteren Kennenlernen der Truppe dann, wer welchen Hintergrund hatte, welche Zusammenhänge sein könnten und das passende Motiv. Und die gab es nach der zweiten Leiche deutlich mehr. Die Schauspieltruppe verfügte über sehr verschiedene Charaktere. Anstrengende, nachtragende, selbstbewusste, egoistische, manipulative… Meine Überlegungen führten mich dann auch in die richtige Richtung, doch ich hatte nur den halben Hintergrund für das Motiv geahnt. In diesem Band galt ein großer Teil meines Interesses Fina. Ich war wieder solidarisch mit ihr und ihrer Wut auf Oliver. Wie er sie behandelt, stichelt, mobbt. Ich könnte ihm eine scheuern. Zitat von Fina „Oliver ist ein Arschloch.“ Ja, ja, ja und ja. Auch ihre Schwester Calli empfinde ich als übergriffig, egoistisch und nervend. Ich denke, an Fina´s Stelle hätte ich sie irgendwann vor die Tür gesetzt. Ehrlicherweise hätte ich beide Schwestern schütteln können. Sehr gut gefiel mir die Zusammenarbeit mit den Kollegen in Salzburg und somit ein wiederlesen mit Bea und Florin. Was unsere „Stimme aus dem Off“ betrifft, beschleicht mich ein Verdacht. SPOILER Die Information, welche Fina bzgl. Oliver von Georg bekam und eine weiterführende Überlegung ihrerseits ließ Georg für mich verdächtiger werden. Ob sich mein Verdacht bestätigt, erhärtet oder verflüchtigt werde ich vielleicht im nächsten Band der Reihe erfahren.
Claudias.Buecherwelt
|
„Glückstöchter – Einfach leben“ von Stephanie Schuster
|
Eine Reise durch 6 Jahrzehnte: Anna und Eva, verbunden durch ihr tiefes Verständnis zur Natur, aber getrennt durch ein schicksalhaftes Geheimnis.
– München, 1976: Minze, Vanille und Rosenholz … Für Eva ist die Welt voller Gerüche – und diese sind für sie die Basis aller Gefühle. Besonders Pflanzen und deren heilende Wirkung begeistern sie. Ein Pharmazie-Studium scheint genau das Richtige für Eva zu sein, und sie stürzt sich voller Neugier in das wilde, freie Schwabinger Studentenleben. Doch dann findet Eva etwas heraus, das ihre ganze Welt infrage stellt.
– Gut Dreisonnenquell im Voralpenland 1910: Wenn Anna Lindenblüten pflückt, die zartgrünen Blätter des Frauenmantels sammelt oder ganz einfach mit den Händen in der Erde arbeitet, fühlt sie sich frei. Als Tochter des bekannten Botanikers Christoph von Quast, möchte sie die Geschicke des Guts weiterführen und die Pflanzenzucht übernehmen. Doch als ihr Vater wieder heiratet, muss sie erfahren, dass sie in seinen Zukunftsplänen nicht auftaucht …
In Stephanie Schusters neuer Romanreihe geht es nicht nur um zwei Frauen, die nach einem emotionalen Ereignis ihren Weg finden, sondern auch um die Entstehung der Biobewegung. Die letztere Info finde ich wichtig, denn gerade in Evas Zeit ist dies ein großes Thema und nimmt entsprechend Raum ein. Klima- und Umweltschutz, artgerechte Tierhaltung, Naturkost, die Demonstration gegen das Endlager in Brokdorf und auch die freie Liebe sind präsent. Eigentlich ein interessantes Thema, solange es nicht mit dem erhobenen Zeigefinger vermittelt wird.
Obwohl Eva die modernere Figur ist, bleibt sie mir aufgrund ihres Verhaltens fremd. Für meinen Geschmack zeigt sie teils zu viel, teils zu wenig Emotionen. Erst am Ende und in der Leseprobe zu Band 2 wird sie für mich greifbarer.
Anna dagegen muss sich in ihrer Zeit noch der Etikette unterwerfen, hat als Frau sowieso weniger Rechte. Ihr Weg von einer behüteten, dadurch ein wenig weltfremden jungen Baronesse zur selbstbestimmten Frau nimmt hier den Anfang.
Trotz ein paar Längen habe ich Anna und Eva zügig durch Band 1 begleitet, da der Schreibstil für mich gewohnt flüssig ist. Die Leseprobe zu Band 2 machte mich neugierig, wie es mit Anna und Eva weiter geht. Ein kleiner Tipp: wer „Die Wunderfrauen“ kennt und liebt sollte sich gedanklich von diesen lösen und den „Glückstöchtern“ eine Chance geben, als eigenständige Reihe mit einem anderen Thema zu stehen.
Claudias.Buecherwelt
|
Weihnachten im kleinen Inselhotel
von Jenny Colgan |
„Ein festlich geschmückte Kamin mit prasselndem Feuer, ein köstliches Weihnachtsmenü und glückliche Gäste – so prachtvoll soll „The Rock“, das neue Hotel auf der kleinen schottischen Insel Mure, an den Feiertagen erstrahlen. Doch wenige Wochen vor dem Fest ist das Hotel eine Baustelle, der Kamin nicht einsatzbereit und die Küche ein einziges Chaos. Cafébesitzerin Flora und ihr Bruder Fintan müssen alle Register ziehen, damit „The Rock“ rechtzeitig eröffnen und ihre Familie wahres Weihnachtsglück erleben kann…“
Wer Jenny Colgans Trilogie über „Die kleine Sommerküche“ gelesen hat, darf sich die Fortsetzung nicht entgehen lassen. Beim Einstieg mit der Inselbeschreibung im Winter kommt das Bedürfnis nach Sofaecke, Kuscheldecke und heißem Tee auf. In gewohnter Weise erleben wir nicht nur die MacKenzies, sondern auch einen exzentrischen Chefkoch, einen lebensfremden Kuchenjungen, eine zu schüchterne Patissiére, eine ungewöhnliche Weihnachtsbeleuchtung, viel Chaos aber auch Liebe. Beim Inselarzt Dr. Saif Hassan hat Jenny Colgan es sich nicht leicht gemacht. Ein Erzählstrang nahe an der Realität.
Es empfiehlt sich, die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da sie aufeinander aufbauen.
Claudias.Buecherwelt
|
Was ich nie gesagt habe – Gretchens Schicksals Familie
von Susanne Abel |
*Wer ist Familie?*
Tom Monderath ist frisch verliebt: Mit Jenny erlebt er die glücklichste Zeit seines Lebens. Bis er durch Zufall auf seinen Halbbruder Henk stößt, der alles über ihren gemeinsamen Vater wissen will. Doch Konrad starb vor vielen Jahren und seine demente Mutter Greta kann Tom nicht befragen. Als sich weitere Halbgeschwister melden, wird es Tom zu viel. Jenny und Henk hingegen folgen den Spuren Konrads. Selbst fast noch ein Kind, kämpfte Toms Vater im Krieg, geriet in amerikanische Gefangenschaft, bevor er in den späten 40er-Jahren nach Heidelberg kommt. Dort verliebt er sich Hals über Kopf in die junge Greta, nicht ahnend, dass ein Geheimnis aus der dunkelsten Zeit des Nationalsozialismus ihre gemeinsame Familie ein Leben lang begleiten wird …
Im Folgeband von „Stay away from Gretchen“ geht es um die Geschichte von Toms Vater Konrad und dessen Ehe mit Greta. Wieder verknüpft Susanne Abel die Gegenwart mit der Vergangenheit. Große und kleine wahre Ereignisse werden erwähnt, die der ganzen Geschichte Authentizität verleihen. Und wieder war ich bezüglich der Recherchen beeindruckt. Verschiedene angegebene Bücher und Personen habe ich gegoogelt, noch mehr Informationen bekommen. Unter anderem auch über die Rolle von Ärzten und der Pharmazie zur Nazizeit. Auch wenn ich schon vieles darüber erfahren habe, so gab es doch noch Dinge, die mir nicht bekannt waren. Besonders nah ging mir das Schicksal von Konrads Schwester Lizzie. Vielleicht, weil ich ein tolles Mädchen wie sie 4 Jahre durch die Grundschule als I-Kraft begleitet habe. Und sie vor Augen hatte, wenn es um Lizzie ging.
Von mir gibt es für beide Bücher eine klare Leseempfehlung.
Claudias.Buecherwelt
|
Stay away from Gretchen
von Susanne Abel |
*Eine große Liebe in dunklen Zeiten*
Der bekannte Kölner Nachrichtenmoderator Tom Monderath macht sich Sorgen um seine 84-jährige Mutter Greta, die immer mehr vergisst. Was anfangs ärgerlich für sein scheinbar so perfektes Leben ist, wird unerwartet zu einem Geschenk. Nach und nach erzählt Greta aus ihrem Leben – von ihrer Kindheit in Ostpreußen, der Flucht vor den russischen Soldaten im eisigen Winter, der Sehnsucht nach dem verschollenen Vater und ihren Erfolgen auf dem Schwarzmarkt in Heidelberg. Als Tom jedoch auf das Foto eines kleinen Mädchens mit dunkler Haut stößt, verstummt Greta. Zum ersten Mal beginnt Tom, sich eingehender mit der Vergangenheit seiner Mutter zu befassen. Nicht nur, um endlich ihre Traurigkeit zu verstehen. Es geht auch um sein eigenes Glück.
Im von Amerikanern besetzten Heidelberg lernen sich die deutsche Greta und der farbige, amerikanische GI Bob kennen und lieben. Doch ihre Liebe soll nicht sein. Die Geschichte ist mehr als „nur“ eine Liebesgeschichte. Es geht auch um die Flucht vor dem Krieg, die Zeit danach, die fehlende Selbstbestimmung der Frau und die damit verbundene Hilflosigkeit. Und so ganz nebenbei zeigt Susanne Abel auch Parallelen zwischen der Flüchtlingswelle von 1944/46 und jener im Jahr 2015.
Das der Titel „Stay away from Gretchen“ eigentlich eine Anweisung der Army war und sich auf alle „deutschen Gretchen“ bezog, war mir nicht bekannt. Zu gut passte es auf die Hauptfigur Greta. Den Klappentext muss ich wieder einmal bemängeln. Er suggeriert, dass Greta es ihrem Sohn erzählt, aber es ist zweiter Erzählstrang, während Tom irgendwann recherchiert und zu Beginn ziemlich im Dunkeln tappt. Die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe entsprechen den Tatsachen und dadurch wurde ich auf eine bemerkenswerte Frau namens Mabel Grammer und die „brown babies“ aufmerksam. Ein Buch, bei dem ich auch das Nachwort gelesen und nicht nur überflogen habe.
Claudias.Buecherwelt
|
Der Markisenmann
von Jan Weiler |
Was wissen wir schon über unsere Eltern? Meistens viel weniger, als wir denken. Und manchmal gar nichts. Die fünfzehnjährige Kim hat ihren Vater noch nie gesehen, als sie von ihrer Mutter über die Sommerferien zu ihm abgeschoben wird. Der fremde Mann erweist sich auf Anhieb nicht nur als ziemlich seltsam, sondern auch als der erfolgloseste Vertreter der Welt. Aber als sie ihm hilft, seine fürchterlichen Markisen im knallharten Haustürgeschäft zu verkaufen, verändert sich das Leben von Vater und Tochter für immer.
Ein Buch über das Erwachsenwerden und das Altern, über die Geheimnisse in unseren Familien, über Schuld und Verantwortung und das orange-gelbe Flimmern an Sommerabenden.Als Kim nach einem schlimmen Vorfall zu ihrem leiblichen, unbekannten Vater geschickt wird, plant sie sofort ihre Flucht von dort. Doch dann gibt sie dem ungewöhnlichen Mann eine Chance und ein außergewöhnlicher Sommer beginnt. Wer schon einmal im Ruhrgebiet war, erkennt vielleicht gewisse „Typen“. Mir ging es jedenfalls so. Erinnerungen an meine Kindheit wurden wach und ich hatte ein tolles Kopfkino. Ob beim kreativen Verkaufsgespräch, am Imbiss, in der Eisdiele, der Kneipe, beim Skatturnier oder auf dem Fußballplatz – ich war immer mittendrin. Wenn Kim von ihrem Vater erzählt, dann nennt sie ihn oft mit vollem Namen. Und doch erkennt man, wie sich die Beziehung zwischen Tochter und Vater entwickelt. – Der 70er Jahre Look des Covers sprang mir sofort ins Auge. Die Beschreibung tat ihr Übriges und ich habe es nicht bereut.
Claudias.Buecherwelt
|
Ich heiße nicht Miriam
von Majgull Axelsson |
An ihrem 85. Geburtstag bekommt Miriam Guldberg von ihrer Familie einen silbernen Armreif geschenkt, in den ihr Name eingraviert ist. Beim Anblick entfährt ihr der Satz: »Ich heiße nicht Miriam.« Niemand in ihrer Familie kennt die Wahrheit über sie. Niemand ahnt etwas von ihren Wurzeln. Doch an diesem Tag lassen sich die Erinnerungen nicht länger zurückhalten. Zum ersten Mal in ihrem Leben erzählt sie davon, wie sie als Roma unter den Nazis lebte, im KZ war und als vermeintliche Jüdin nach Schweden kam.
Eine Geschichte, die mich berührte, betroffen machte, mir ein zeitweise schreckliches Kopfkino bescherte und die ich dennoch kaum aus der Hand legen wollte. Beim Spaziergang mit ihrer Enkelin kehren Miriams Gedanken und Erinnerungen zu ihrer Vergangenheit zurück. Erinnerungen, die sie lange nicht zugelassen hat. Und das Gespräch, das Zulassen der Erinnerungen, sind etwas Neues für sie. Aber auch für die Enkelin Camilla, eine erwachsene junge Frau, ist es nicht einfach. einerseits möchte sie etwas über die Vergangenheit der Großmutter erfahren. Andererseits sind diese Schilderungen schwer zu ertragen. Besonders, wenn es Erinnerungen einer nahestehenden Person sind. Erinnerungen an die verlorene Familie, an einen Transport im Bahnwagon, an Konzentrations- und Arbeitslager, Kälte, Hunger, Gewalt. An Experimente an Menschen jeden Alters, die sogenannten Meerschweinchen und den allgegenwärtigen Tod. An einen Neuanfang in Schweden unter falscher Identität, weil sie auch dort als Roma nicht erwünscht war. Ein Leben voller Beherrschtheit, Angepasstheit, Vortäuschen und Lügen, weil sie in Frieden leben wollte. Und das Glück immer in Gefahr, wenn die Wahrheit herauskäme.
Dieses Buch erhält von mir eine klare Leseempfehlung.
Claudias.Buecherwelt
|
Der Buchspazierer
von Carsten Henn |
„Es sind besondere Kunden, denen der Buchhändler Carl Christian Kollhoff ihre bestellten Bücher nach Hause bringt, abends nach Geschäftsschluss, auf seinem Spaziergang durch die pittoresken Gassen der Stadt. Denn diese Menschen sind für ihn fast wie Freunde, und er ist ihre wichtigste Verbindung zur Welt. Als Kollhoff überraschend seine Anstellung verliert, bedarf es der Macht der Bücher und eines neunjährigen Mädchens, damit sie alle, auch Kollhoff selbst, den Mut finden, aufeinander zuzugehen … „
Carl liebt Bücher, seine gewohnten Gänge wenn er die Bücher austrägt, seinen gewohnten Tagesablauf. Dann platzt Schascha in sein Leben und wirbelt alles durcheinander, auch wenn Carl das nicht möchte. Die Kombination von Neugier, Erfahrung und Beobachtung führt zu einem schönen Austausch. Schascha verhilft Carl zu einer neuen Sichtweise auf seine Kunden und ihre Bücher. Das Verhältnis zu ihnen ändert sich, so wie die Kunden selbst, so wie Carl. Bis ein Vorfall alles in Frage stellt…
Die Geschichte mag für manchen irgendwann zu viel „Heile Welt“ mit sich bringen. Doch für mich war es eine Geschichte zum „drin einhüllen“ wie in eine kuschelige Decke und wohlfühlen, Herzenswärme spüren. Und ein Anreiz, hinter die Fassaden zu schauen.
Claudias.Buecherwelt
|
KANT und der sechste Winter
von Marcel Häußler |
„Kant will gerade den Weihnachtsbraten in den Ofen schieben, als er zu einem Tatort gerufen wird. Ein Mann liegt tot im Schnee. Alles würde auf einen Unfall auf vereister Fahrbahn hindeuten – wäre da nicht die seltsame Zeugenaussage einer Anwohnerin: Sie will gesehen haben, wie die Fahrerin des Unfallwagens den bereits am Boden liegenden Mann erwürgte, ehe sie die Flucht ergriff. Kant und das Team der Münchner Mordkommission nehmen die Ermittlungen auf. Dabei stoßen sie immer wieder auf ein kleines Dorf im Umland. Offenbar hüten die Einwohner von Schelfing mehr als nur ein dunkles Geheimnis …“
Der erste Fall für Hauptkommissar Kant und sein Team von der Münchner Mordkommission.
Ein Krimi, der ohne Blutbad auskommt. Der einen durch die Handlung fesselt. Ein Ermittlerteam mit unterschiedlichen Charakteren und ihren Eigenheiten. Auch wenn HK Kant die Titelfigur ist, so folgt der Leser abwechselnd den einzelnen Ermittlern und lernt sie kennen. Eine sehr gute Voraussetzung für weitere Fälle. Auch dem Täter konnte man folgen und raten, wer es sein könnte. Stück für Stück fügte sich ein ganzes Bild zusammen, wobei auch falsche Fährten nicht fehlen. Marcel Häußler hat seine Protagonisten wunderbar vielfältig angelegt. Bei den Befragungen der Dörfler kann man den so genannten „Dorfklüngel“ förmlich spüren. Die einzelnen Beweggründe und Schicksale nachvollziehen. Ich hoffe sehr, dass HK Kant und sein Team erneut ermitteln.
Claudias.Buecherwelt
|
|
|